Security Token Offerings (STO) gelten als ICO 2.0. Doch was sind Security Token Offerings (STO)? Wie funktionieren sie? Wie kann man teilnehmen? Was hat es mit dem neuen Stern am Kapitalmarkthimmel auf sich? Und blüht STOs nicht das gleiche Schicksal wie ihrem unregulierten Pendant, den ICOs? Wir räumen auf mit bestehenden Wissenslücken rund um STOs und zeigen, was man von der aufstrebenden Funding-Methode in Zukunft erwarten darf.
Für eine STO-Definition muss man sich zunächst fragen: Was sind Security Token? Sie gelten als die zweite Generation von Krypto-Token. Während man bei ICOs dieser Tage von Utility Token spricht, sind Security Token vollumfänglich regulierte und tokenisierte Wertanlagen, die einen klaren Investmentfokus haben. Im Kern sind Security Token also digitale Vermögenswerte auf Blockchain-Basis, die grundsätzlich den Regularien der jeweiligen Wertpapieraufsichten entsprechen.
Was ist ein STO (Security Token Offering)? ICO vs. STO
Nach dem Platzen der ICO-Blase Ende 2017 war es mittelfristig um das tokenbasierte Einsammeln von Risikokapital geschehen. Das Problem damals: Die Token Economy steckte noch in den Kinderschuhen, es gab kaum ausgereifte Geschäftsmodelle und die fehlende Regulierung verführte betrügerische Unternehmen zu Scams.
STOs sind Wertpapiere und damit legal
Sind Security Token Offerings legal? Genau hier liegt der Unterschied zu ICOs. Denn Security Token räumen Investoren die gleichen Rechte ein wie traditionelle Finanzmarktemissionen. Aus diesem Grund müssen Wertpapieraufsichten wie die BaFin oder die SEC Security Token Offerings zunächst genehmigen – genau wie Kapitalmarktprodukte aus dem traditionellen Finanzsektor. Ist das geschehen, ist die Durchführung eines STOs legal. Demgegenüber ist der rechtliche Status von Utility Token nach wie vor ungeklärt.
Security Token verfolgen ein Funding-Ziel; im Prospekt muss klar definiert sein, woraus sich der Wert der Geldanlage speist. Im Gegensatz zu Utility Token sind Security Token also behördlich abgesegnete Wertpapiere in Tokenform.
Digitale Gutscheine vs. digitale Wertpapiere
Während es sich bei Utility Token um eine Art digitalen Gutschein handelt, sind STOs Finanzierungsmethoden und als solche eindeutig gekennzeichnet. Für ICOs können die Gründe vielfältig sein. Meist knüpfen die Unternehmen an Utility Token zweckgebundene Dienstleistungen, etwa die Berechtigung, eine Plattform zu nutzen.
Hingegen ist der Grund, einen STO durchzuführen, die Generierung von Eigen- oder Fremdkapital. Security Token sind nicht an eine Nutzbarkeit auf der jeweiligen Plattform gebunden, sondern verfolgen ein Funding-Ziel. Der Vorteil: Während ICOs in der Regel Unternehmen vorbehalten sind, die ohnehin im Blockchain-Ökosystem aktiv sind, können STOs von jedwedem Unternehmen durchgeführt werden.
Insbesondere mittelständige Unternehmen, denen der Gang an die Börse bisher verwehrt blieb, haben mit STOs ein probates Mittel an der Hand, für Kapital zu sorgen.
Regulierung in Deutschland
Für die Genehmigung von STOs in Deutschland ist die BaFin zuständig. Sie achtete darauf, dass jedes Projekt dem Anforderungskatalog der Regulierungsbehöde entspricht. Erst nach dem Zuspruch der BaFin dürfen Unternehmen den Startschuss für ihren Security Token Sale geben. Sie müssen zum Beispiel sicherstellen, dass die Käufer der Token identifiziert sind. Ein KYC für ICOs ist indes nicht notwendig.
Wo werden STOs gehandelt?
Während des Token Sales können Anleger die tokenisierten Wertpapiere direkt beim Emittenten kaufen. Es ist keine Art von Zwischenhändler wie bei traditionellen Börsengängen notwendig. Der Kauf erfolgt also peer-to-peer.
Sekundärmarkt für STOs
Wie bei Aktien und Anleihen aus dem traditionellen Finanzsektor gibt es auch für STOs einen Sekundärmarkt. Weil es sich bei Security Token um regulierte Finanzprodukte handelt, müssen die Börsenbetreiber reguliert sein. Krypto-Exchanges wie Binance kommen für einen Sekundärmarkt nicht in Frage.
In Deutschland gibt es eine solche Börse bisher zwar nicht. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis wir auch hierzulande die erste MTF (Multilateral Trading Facility, zu Deutsch: Multilateraler Handelsplatz) sehen werden.
Bei Security Token handelt es sich aber um fungible Instrumente, die Signatur erfolgt mittels Private Key. Private Weiterveräußerungen abseits der Börsen sind dementsprechend bereits jetzt möglich.
Zudem gibt es im europäischen Ausland regulierte Börsen, die für den Handel mit Security Token freigegeben sind.
Dabei muss zwischen regulierten staatlichen Börsen wie der Gibraltar Blockchain Exchange und regulierten Privatbörsen unterschieden werden. Während es für letzteres bereits Einzelbeispiele gibt, müssen sich Investoren bis zum Start von staatlichen STO-Börsen noch etwas gedulden. Insbesondere staatliche Token-Börsen erwartet die Anlegerschaft indes mit Spannung. Schließlich würden STO-konforme staatliche Börsen das Funding-Vehikel legitimieren.
STO vs. IPO
Wo aber liegt der Unterschied zum herkömmlichen Börsengang, dem IPO?
Vorteile von STOs gegenüber IPOs
- Effizienz
Der Reiz von STOs besteht darin, dass das grundsätzliche Kapitalmarktvehikel einer tokenisierten Unternehmensfinanzierung sowohl für Anleger als auch für Entrepreneure vielversprechend ist. Da die Unternehmen Wertpapiere ohne die Zuhilfenahme von Intermediären wie Börsen verkaufen können, bieten Security Token Offerings (STO) ein immenses Potenzial an Liquidität.
STOs sind in ihrer Struktur deutlich „schlanker“ als IPOs. Da die Emittenten eine Reihe von Mittelsmännern herausnehmen, sind STOs wesentlich günstiger als IPOs. Der große Vorteil: Durch den Peer-to-Peer-Charakter von Krypto-Token müssen Unternehmen nicht einmal mehr eine Aktiengesellschaft gründen. So können sich auch mittelständige Unternehmen dieses Mittel der Kapitalerhöhung zunutze machen.
STOs senken also die Barriere für kleine und mittlere Unternehmen Kapital einzuspielen – ein enormer Use Case der Blockchain-Technologie.
- Börsenhandelszeiten
An der Frankfurter Wertpapierbörse werden Order-Platzierungen nur während der Handelszeit zwischen acht Uhr morgens und 20 Uhr abends ausgeführt. Alle Platzierungen, die Broker nach 20 Uhr setzen, werden erst am darauffolgenden Handelstag gematcht.
Die Blockchain hingegen ist immer „geöffnet“. Trader können Security Token 24/7 und 365 Tage im Jahr handeln. Informationen sind also viel schneller eingepreist und sollten so zu einem effizienteren Markt führen.
- Fraktionelle Besitzansprüche
Asset-Klassen wie Immobilien, Kunstwerke oder Aktien weisen mitunter hohe Stückkosten auf. Häufig sind sie so hoch, dass private Kleinanleger kaum Zugang zu diesen Märkten finden.
Ganz anders verhält es sich mit STOs. Security Token erlauben ein Herunterskalieren hochpreisiger Wertanlagen in einzelne Token. So können auch Anleger mit weniger tiefen Taschen fraktionelle Besitzansprüche an Aktien, Anleihen oder Wertgegenständen geltend machen und erhalten so Zugang zu Märkten, die ihnen bisher verschlossen waren.
Eine einzige Aktie von Alphabet Inc. beispielsweise kostete zu Redaktionsschluss über 1.050 Euro. Ein möglicher Use Case der Fraktionierung lässt sich anhand hochpreisiger Vermögenswerte wie diesem zeigen.
- Schnelle Abwicklung
Während die Übertragung von Besitzansprüchen bei traditionellen Assets meist mehrere Tage in Anspruch nimmt, können Security Token fast direkt die Hände wechseln. Beschränkt ist dies nur durch die Blockzeiten der zugrundeliegenden Blockchain.
- Kostenreduktion
Sowohl für Emittenten als auch Investoren bieten STOs einen erheblichen Kostenvorteil. Zum einen sind STOs anbieterseitig günstiger zu machen als Börsengänge. Und zum anderen sparen Anleger Kosten für Intermediäre wie Banken oder Broker.
Das ist der Vorteil der Token Economy: Mittelsmänner werden durch den Peer-to-Peer-Charakter von Kryptowährungen nach und nach obsolet.
- Investorenschutz
Zwar schützen auch STOs im Einzelnen nicht vor dem Totalverlust der Einlagen. Das regulierte Umfeld von STOs machen Exit Scams, wie sie bei ICOs immer wieder vorkommen, jedoch unwahrscheinlich. Schließlich müssen die Aufsichtsbehörden (in Deutschland ist die BaFin zuständig) einem eingereichten Prospekt zunächst zustimmen. Das heißt nicht, dass es sich um ein risikofreies Investment handelt oder das nicht auch Blasen entstehen können. Allerdings können betrügerische Täter wesentlich einfacher ermittelt werden.
Das Investieren in STOs ist mit den gleichen finanziellen Risiken wie herkömmliche Kapitalanlagen verbunden.
- Compliance
Mit Rechten gehen auch Pflichten einher. Das Praktische: Security Token sind programmierbare Assets. Das bringt den Vorteil mit sich, dass Emittenten Token auf eine Weise designen können, dass die Compliance mit gesetzlichen Vorschriften automatisch sichergestellt ist.
So müssen sich Anleger beispielsweise vor dem Kauf identifizieren; man spricht von so genannten Know-your-Customer-Regularien (KYC).
Token-Standards
Ähnlich wie für ICOs gibt es auch für STOs einen Token-Standard. Der bekannte ERC-20-Standard kommt für Security Token nicht in Frage. Schließlich gehört zu den behördlichen Auflagen auch die Einhaltung der gängigen KYC-Richtlinien. Die kann ERC-20 nicht leisten. Ein STO-konformer Token-Standard muss zuverlässig bestimme Käufergruppen ausschließen können (so genanntes Black Listing). Die folgenden Token-Standard mit STO-Compliance gibt es bereits:
- ERC-1410
ERC-1410 baut auf ERC-20 und ERC-777 auf. Ziel dieses Standards ist es, eine optionale Fungibilität aufzubauen. Das bedeutet, dass man einem Teil der umlaufenden Menge mit Eigenschaften ausstatten kann, die nur diese Teilmenge aufweist.
- ERC-1404
Dieser Token-Standard ist ähnlich anwendungsfreundlich wie der ERC-1400-Standard gestaltet. Allen voran kann der Emittent zwei Restriktionen steuern:
- detectTransferRestriction: Darüber können Emittenten Transferrestriktionen steuern. Anleger auf so genannten Black Lists können beispielsweise von Token Sales ausgeschlossen werden.
- messageForTransferRestriction: Diese Funktion informiert Investoren über die Gründe der Transferrestriktion.
- ST-20
Der ST-20-Standard ist der Security-Token-Standard aus dem Hause Polymath. In Anlehnung an ERC-20 erweitert er die Funktionalität des verbreiteten ERC-20-Standards um seine Kompatibilität mit STOs. Compliance-Anforderungen lassen sich mithilfe eines modularen Systems an den jeweiligen Token anpassen.
- R-Token
Auch der letzte im Bunde baut auf ERC-20 auf. Emittenten behalten allerdings die Kontrolle über die Token-Transfers.
Fazit zur Security Token Offering Definition
Token Sales als Funding-Vehikel erleben nach dem ICO-Debakel ein Revival. Und das ist eine gute Nachricht. Denn die grundsätzliche Idee, die Armee von Intermediären zwischen Anbieter und Nachfrager von Vermögenswerten zu umschiffen, ist vielversprechend. Da Security Token Offerings Reibungsverluste abbauen, sind sie die (kosten)effiziente Alternative zu herkömmlichen Finanzmarktemissionen.
Sie bieten so auf der Anbieterseite kleinen und mittleren Unternehmen ein attraktives Mittel der Kapitalgenerierung. Nachfrageseitig dürften in Zukunft vielversprechende Möglichkeiten für Kapitalanalagen in die mittelständische Wirtschaft, abseits von DAX und Dow Jones entstehen.